junge Seife trifft alten Waschlappen

Waschlappen-Affaire

Der Waschlappen – das kleine Stoff-Relikt aus der Mottenkiste erlebt seine Renaissance und bekommt einen neu-erblühten Stellenwert in der Körperpflege.

Jetzt fehlen nur noch Wasserschüssel und Krug – Ensemble de Toilette. Oder der romantische, schmiedeeiserne Waschtisch mit Schüssel und Abstellbord für den Wasserkrug.

Wie zu Omas Zeiten, als das Wasser noch aus dem Brunnen geschöpft wurde und Oma dem Opa nach der Arbeit den Rücken wusch.

„Wohlriechende Seife trifft alten Waschlappen zwecks gemeinsamen Pflege-Rituals“.

Früher war die tägliche Katzenwäsche am Waschbecken mit Waschlappen, Seife und einer Pfütze Wasser ein ganz normaler Vorgang. Gebadet wurde einmal wöchentlich – ein zelebriertes Familien-Event am Samstagabend in der großen Zinkwanne oder im Holzzuber.

Unsere Mutter entfachte ein Feuer im Küchenherd auf dem im großen Pott Wasser erhitzte. Wenn es kochte wurde es in die Wanne gegossen und mit kaltem Wasser richtig temperiert. Kinder und Gummi-Entchen rein ins feuchte Nass – waschi-waschi-planschi – fertig. Kinder raus, abtrocknen, Gesichtchen eincremen, Zähne putzen, Schlafanzug an und ab ins Bett. Kurze Knuddeleinheit, kleines Liedchen – Gute Nacht. Anschließend konnten die Eltern in Ruhe ihrem Badevergnügen frönen.

Ja, so war das während meiner Kinderzeit in den 50er und 60er Jahren. Mit der kostbaren Ressource Wasser gingen alle sparsam um. Die damaligen Plumps-Klos brauchten keine Wasserspülung und als Kind war das Töpfchen sowieso der beste Freund.

Ganz gleich, ob bei Omi auf dem Land oder in unserer ersten kleinen Wohnung im Haus meiner Ur-Großmutter, in der es lediglich auf dem Flur ein Waschbecken mit Kaltwasser gab. Das Regenwasser fing man in großen Tonnen, die unter der Regenrinne am Haus standen, für den Garten auf. Der wurde damit großzügig bewässert und ließ sowohl das Gemüse wie auch die Beeren an den vielen verschiedenen Sträuchern prächtig gedeihen. Zum Füße waschen nach der Gartenarbeit war das Regenwasser jedenfalls bestens geeignet.

Pluetschern 1963
Pluetschern 1963

In den Sommermonaten spielten wir am liebsten auf der großen Rasenfläche, die zum Familien-Garten gehörte. Aus dem gemähten, getrockneten Gras formten wir uns den Grundriss einer Wohnung, den wir mit Decken und Kissen auslegten. Ins Badezimmer unserer Heu-Villa stellten uns unsere Eltern eine mit Wasser befüllte Zink-Wanne. Die warmen Sonnenstrahlen brachte im Null-Komma-Nix das Wasser auf angenehme Temperaturen und wir konnten fröhlich drauflos plütschern.

Die Berufung eines Waschlappens

… ist natürlich in erster Linie die Körperpflege. In seiner Dienstzeit als Pflegehelfer bereist er unzählige Feuchtgebiete und wird so zum Abenteurer und Entdecker. Dabei ist es ihm völlig egal, aus welchem Material er besteht, mit welcher Farbe und in welcher Form er durch‘s Leben wandert. Und wenn er Pech hat, endet sein Dasein – vor der endgültigen Beerdigung – als Putzlappen. Das Schuheputzen übernehmen ja schon ausrangierte Schlüppis und alte Socken.

Poppige Wasch-Handschuhe sind heute der Hit  bei den Kids. Denn mit den lustigen Begleitern macht das Waschen und Planschen doppelt so viel Spaß. Kinder-Waschlappen mit Bild-Motiven aus Kinder-Serien, in tierischer Gestaltung – ob mit oder ohne Ohren – sind der Knaller. Putzige, bunte Seifen-Figuren gehören dazu. Jeder Fratz hat dabei seinen eigenen Schatz.

Mit seinem Zitat: „Auch der Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung“ reihte sich angesichts der drohenden Wasserknappheit und der steigenden Energiepreise „der alte weiße Mann“ – MP Kretschmann als Jahrgang 1948-Geborener – in die Riege der „gut gemeinten Ratschläge“ aus Regierungskreisen zum Ressourcen-Sparen ein. Auch er hat sicher an die Zeiten in der Mitte des letzten Jahrhunderts gedacht, als er mit seiner Empfehlung das nostalgische Tüchlein zu neuem Glanz verhelfen wollte.

Der Waschlappen als „system-relevanter Hero“, der die Wasserknappheit austricksen soll.

Ein Super-Tuch rettet die Welt „Hoch soll es leben!“

Wenn auch 1978 Helga Feddersen und Didi Hallervorden mit ihrem Pop-Schlager: „Du, die Wanne ist voll“ zum üppigen Schaumbad animierten, so werden wir heute von den Regierenden unseres Landes aufgefordert, unsere Hygiene-Gewohnheiten so sparsam wie’s geht zu gestalten. In möglichst kurzer Zeit unter der Dusche von Strahl zu Strahl zu springen oder täglich vor dem gestöpselten – mit etwas Wasser gefüllten – Waschbecken zu stehen und mit dem Seifenlappen unseren Body zu reinigen.

Und nicht vergessen: Mit der Spartaste an der Toilettenspülung reduziert sich der Wasserverbrauch je Spülung – für das kleine Geschäft – auf das Nötigste. Aus Stoffresten lassen sich Waschlappen ganz schnell nähen. Dafür eignen sich besonders gut alte Frottee-Handtücher oder ein ausrangierter Bademantel. Lass Dich in einem Workshop in die Kunst des Seifesiedens einweihen und kreiere Deine ganz persönliche Lieblingsseife aus herrlichen Zutaten, in köstlichen Duft-Kompositionen, mit Kräutern und Blüten verfeinert.

Historischer Blick

Schon in der Antike wußte man um das Zusammenspiel zwischen Hygiene und Gesundheit. Das historische Griechenland verfügte früh über öffentliche Badehäuser und Toiletten. Im alten Rom wurden schon vor über 2.300 Jahren Aquädukte zur Frischwasserversorgung  und Kanalisationen zur Abwasserentsorgung gebaut. Öffentliche Thermen luden zur Körperpflege ein, waren Orte für Regeneration und geselligem Beisammensein.

Im Zeitalter des Barock hingegen betrachtete man Wasser eher als Teufelswerk. In der irrigen Annahme, daß Wasser schädlich sei, hatten die Menschen mit Hygiene-Maßnahmen nicht viel am Hut, was zu unangenehmen Körpergerüchen führte, die mit extrem viel Parfüm übertüncht wurden. Parfümzerstäuber und Puderquaste gehörten damals zum beliebtesten Accessoire. Gesicht und Körper wurden gern mit parfümierten Tüchern abgerieben und die üppigen Perücken gepudert. Weiße Wäsche und moderne Kleidung galt als Synonym für Sauberkeit; ein reinigendes Bad hingegen nicht. Es wurden lediglich die Finger benetzt: „Man wäscht nur, was man außerhalb der Kleidung sieht“.

Literaturempfehlungen:

„Pesthauch und Blütenduft.
Eine Geschichte des Geruchs“
von Alain Corbin (Buch/2005).

„Das Parfum“ von Patrick Süskind
(Buch/1985 – Film/FSK ab 12 J. /2006)

„Meilensteine der Hygiene“
von Claudia Spoden
(Dokumentation auf arte/2021)

Ab Mitte des 18. Jh. wandelt sich jedoch das Verständnis für Sauberkeit. Hygiene und Gesundheit rücken mehr in den Fokus, der Körper kommt wieder mit Wasser in Berührung. Pflege und Vollbäder sind nun angesagt. Darüber hinaus werden auch medizinische Aspekte berücksichtigt.

Im 19.Jh. wird Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897) für sein ganzheitliches Gesundheitskonzept bekannt, obwohl er von Haus aus ja gar kein studierter Mediziner ist. Ein Superstar, dem es trotz vieler Hindernisse gelingt, seine „besondere Gesundheitsidee“ – Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen – den Menschen zu vermitteln. Seine Devise: Wasser und eine gesunde Lebensweise haben heilende Wirkung.

Aus der orientalischen Bade- und Körperkultur kennen wir den Hamam. Ein öffentlicher Bade-Tempel, dessen Augenmerk auf der Gesamtwaschung liegt. Der Besuch eines Hamams ist aber – in der heutigen hektischen Zeit – vor allen Dingen ein Ort der Erholung. Die Kombination aus Körperreinigung, Massagen, aromatischen Düften und Ruhe ist ein Fest für die Sinne

Fazit: Der Waschlappen – kleine Angriffsfläche – große Wirkung!

Und wenn Dich in Zukunft jemand als Waschlappen beschimpft, betrachte diesen Titel als Kompliment angesichts des wiedergewonnenen hohen Stellenwertes.

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